Tradition heißt nicht, Asche aufzubewahren, sondern die Flamme am Brennen zu halten.
Tradition heißt nicht, Asche aufzubewahren, sondern die Flamme am Brennen zu halten.

Ein Jahr des Gedenkens

TIROL – Es ist noch gar nicht so lange her, dass auf den Bergen unserer Heimat Krieg war. Unerbittlich wurde gekämpft, viele Soldaten kamen ums Leben. Nicht immer waren es Kampfhandlungen, denen sie zum Opfer fielen, oft waren es auch die Entbehrungen des Alltags, Lawinen, Kälte und die mangelnde Ausrüstung, die in diesen hochalpinen Regionen hohen Blutzoll forderten.

Wir, die wir die Gnade der späten Geburt haben, sollten dankbar dafür sein, dass seit mehr als 60 Jahren in Europa Frieden herrscht.

Dies setzt aber auch voraus, dass wir um die Umstände wissen, welche unsere Heimat zum Kriegsschauplatz gemacht haben. Und dass wir uns dafür einsetzen, dass Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Krieg niemals mehr eine Chance bekommen. Dazu wollen wir das Gedenken im Jahr 2015 nützen.

Die Landeskommandanten

Paolo Dalprà · Elmar Thaler · Fritz Tiefenthaler

Die Fakten

Die Verteidigung des eigenen Landes zieht sich wie ein blutiger Faden durch die Tiroler Geschichte. Die Tiroler Schützen zeichneten sich in den Jahren 1796 bis 1809 ganz besonders aus, kamen aber auch 1848, 1859 und 1866 zum Einsatz. Im Ersten Weltkrieg, der am 28. Juli 1914 begann, mussten im ersten Jahr 85.000 Männer aus dem Kronland Tirol (bei 950.000 Einwohnern) einrücken und wurden an die serbische und russische Front verlegt. Da Tirol nun schutzlos war, erklärte der Bündnispartner Italien dem Kaiserreich Österreich-Ungarn am 23. Mai 1915 den Krieg, um Gebietsansprüche durchzusetzen.

Durch einen massiven Aufmarsch Italiens zeichnete sich im Frühjahr 1915 ab, dass eine neue, 350 Kilometer lange Widerstandslinie zu besetzen war. In Anbetracht der Kriegsgefahr mobilisierte schließlich Kaiser Franz Josef I. die Standschützen. Zu diesem Zeitpunkt standen außer den Besatzungen der Werke und Sperren nur 21 Bataillone mit insgesamt ca. 12.000 Gewehren zur Verfügung. 24.000 Standschützen, gegliedert in 90 Einheiten, konnten dadurch aufgestellt werden. Wegen der ausgesprochen kritischen militärischen Lage stellte die deutsche Heeresleitung zusätzlich eine bestens ausgerüstete Division mit 12.000 Mann für die Verteidigung in den Dolomiten zur Verfügung, bekannt geworden unter dem Namen Deutsches Alpenkorps.

Ohne den schnellen Einsatz gleich zu Kriegsausbruch gegen Italien wäre ein Halten der Front unmöglich gewesen. Ab Oktober 1915 konnten reguläre Verbände der K.u.K. Armee, wie die Kaiserjäger, Landesschützen und andere Infanterieeinheiten, an die Südwestfront verlegt werden. In weiterer Folge schwand die Bedeutung der Standschützen an der Front des Gebirgskrieges, sowohl von der Mannstärke als auch von ihrer Verwendung.

 

Am 15. Mai 1916 startete die Österreichisch-ungarische Armee eine große Offensive, die den Durchbruch in die venezianische Tiefebene bringen sollte, jedoch nicht von Erfolg gekrönt war.

Am 24. Oktober 1917 konnten die Mittelmächte bei der 12. Isonzoschlacht durchbrechen und in der Folge bis zum Piave vorrücken. Dadurch brach die gesamte Dolomitenfront der italienischen Armee zusammen. Österreich konnte diesen strategischen Vorteil nicht mehr nutzen. Zu sehr war die Monarchie durch den Nationalismus der einzelnen Volksgruppen innerlich geschwächt, zu viel Substanz war bereits verbraucht.

Am 3. November 1918 wurde der Waffenstillstand zwischen Österreich-Ungarn und Italien mit seinen Verbündeten vereinbart, der mit dem Tag darauf in Kraft trat. An diesem einen Tag kamen noch tausende österreichische Soldaten ums Leben bzw. in Kriegsgefangenschaft, weil die Verständigung der eigenen Truppen nicht mehr funktionierte.

Das Verhältnis der Offiziere der K.u.K. Armee zu den Standschützen war vielerorts nicht gut. Insbesondere die Tatsache, dass nach alter Tiroler Schützentradition die Standschützen ihre Offiziere selbst wählten, war ein besonderes Ärgernis bei den Offizieren des Militärs. Da die Standschützen wenig Wert auf Drill und Exerzieren legten, wurden sie schikaniert und wegen der “unzureichenden” Ausrüstung sowie wegen der aus Sicht des Militärs mangelhaften Ausbildung nur mehr zu Hilfsdiensten eingesetzt. So wurden die Einheiten ab dem Sommer 1916 hauptsächlich für Trag- und Transportdienste, für den Lagerbau, für Aufräumarbeiten und für den Wachdienst abkommandiert. Nur vereinzelt wurden besonders verdiente Standschützen wegen ihrer Fähigkeiten und Verdienste ausgezeichnet, im Frontdienst an vorderster Linie belassen oder an andere Heereskörper zur besonderen Verwendung überstellt.